Weinreise 2023 der Weinbruderschaft Saale-Unstrut e. V. an die Hessische Bergstraße
Die Weinreise der Weinbruderschaft Saale-Unstrut führte uns dieses Mal an die Hessische Bergstraße. Vom 18. bis zum 21. Mai 2023 erkundeten wir diese malerische Region und genossen die Vielfalt der dort angebauten Weine.
Erster Tag:
Trotz der sehr zeitigen Abfahrt am Himmelfahrtstag war der Bus mit dreiunddreißig gut gelaunten und erwartungsvoll gestimmten Menschen bevölkert. Dazu ideales Reisewetter – besser geht es nicht.
Zeitlich auf etwa halber Strecke gab es einen Zwischenstopp für ein leckeres Picknick, das mittlerweile Traditions- und Kultstatus hat – zu Recht! So gestärkt ging es zum ersten themenbezogenen Halt – dem Weingut Brücke-Ohl in Groß-Umstadt. Zunächst galt es erst einmal, sich mit einem Mittagessen für die bevorstehenden Aufgaben zu stärken. Denn es stand eine Planwagenfahrt mit Weinprobe von sechs Weinen an. In Erinnerung werden uns die schönen landschaftlichen Eindrücke ebenso bleiben wie die Herausforderungen einer Weinverkostung auf einem holprigen Planwagen. Ein zudem bleibendes Andenken sind die Verkostungsgläser, deren Mitnahme ausdrücklich anheimgestellt war.
Der Tag endete im Weinhaus zur Hahnmühle in Bensheim, wo unser Abendessen auf dem Plan stand. Auch wenn der Name der Restauration suggestiv ist – die Wahl der Getränke war jeder und jedem freigestellt. Unser Hotel für die nächsten Tage war das Tobbacon in Bensheim, das sich mindestens als ebenso ruhig wie zentral gelegene Unterkunft erwies.
Zweiter Tag:
Der zweite Tag unserer Weinreise führte uns in das Viniversum der Bergsträsser Winzer eG in Heppenheim. Dort erwartete uns ein sehr spannender und außerordentlich informativer Vortrag von Reinhard Antes über Rebenveredlung, der selbst Weinkennern und aktiven Winzern neue Einblicke bot. Begleitet wurde dieser von einer Weinverkostung mit PIWI-Weinen, wobei diese als korrespondierende Weinprobe (2x4 Weine) angelegt war. PIWI-Rebsorten weisen eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen Pilzkrankheiten auf und ermöglichen eine deutliche Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln (genauer: von Fungiziden). Es war faszinierend zu sehen, wie moderne Techniken und nachhaltige Ansätze in die Weinproduktion integriert werden können. Dabei war der Vortrag von Antes keineswegs eine einseitige Werbung für PIWIs, sondern er ging auch detailliert auf die z. T. geringe Akzeptanz dieser Sorten bei der Winzerschaft ein und beleuchtete die Gründe dafür.
Anschließend besuchten wir die Hessischen Staatsweingüter, Domäne Bergstraße, die bereits zur Zeit der Zisterzienser in den Besitz von Kloster Eberbach (dem heute größten Weingut Deutschlands) fielen. Es stand eine Weinprobe mit acht Weinen auf dem Programm. Diese war durchaus eine körperliche Herausforderung, da die ersten Weine während des Aufstiegs auf den Weinberg ins Glas kamen. Belohnt wurden wir nicht nur mit kühlem Rebensaft, sondern auch mit einem wunderbaren Panoramablick mit der Frankfurter Skyline am Horizont.
Ein weiterer Höhepunkt des Tages war der Besuch des Automuseums Dr. Carl Benz in Ladenburg, wo wir einen faszinierenden Einblick in die Geschichte des Automobils erhielten. Dieses privat geführte, vergleichsweise kleine Museum, hat allein schon durch die von Carl Benz ab 1904 errichtete und nunmehr aufwendig restaurierte Werkhalle einen unverwechselbaren Charme und ist einen Besuch allemal wert.
Unser Tag endete mit einem Besuch des Weinguts Freiberger in Heppenheim, wo sowohl das Abendessen als auch eine weitere Weinprobe auf dem Programm standen. Aus den geplanten acht Weinen wurden zehn und in besonderer Erinnerung blieb uns ein gelungener Sekt aus einem Gewürztraminer.
Dritter Tag:
Der Tag begann mit einem Besuch des Weinguts Griesel & Compagnie in Bensheim. Die Bezeichnung ist etwas irreführend, da sich das Unternehmen auf die Herstellung von Sekt spezialisiert hat - und das mit Erfolg! Im Rahmen einer Kellerführung mit Verkostung konnten wir uns von der Qualität der Sekte überzeugen, die eine junge, ambitionierte Mannschaft von Überzeugungstätern und ‑täterinnen aus eigenen Trauben und denen befreundeter Weingüter kreiert. Deshalb bedurfte es auch keiner großen Überredung oder gar Überwindung, als uns nach den geplanten drei Sekten weitere zwei zur Verkostung angeboten wurden.
Es schloss sich ein Besuch im Betrieb Weinbau Koob an. Den Betrieb gibt es in seiner heutigen Ausrichtung erst seit 2014. Authentisch vermittelte Christina Koob die Vision und Begeisterung, mit der die jungen Unternehmensgründer unterwegs sind und dabei großen Rückhalt bei den Senioren des Betriebes haben. Neben einem schmackhaften, rustikalen Mittagessen konnten wir uns bei einer Verkostung von einem Perlwein und fünf Weinen von der beachtlichen Qualität der Produkte überzeugen. Dies belegt auch die größere Zahl von Weinkartons, die vor Abfahrt als Mitbringsel in den Bus verladen wurden.
Nächste Station war das Weingut Simon-Bürkle in Zwingenberg. Dieser Betrieb wird in zweiter Generation nun von Johannes Bürkle geführt, der trotz seines recht jungen Alters sehr überzeugend und in sich ruhend sieben seiner Weine vorstellte. Mit dem Anspruch, unkomplizierte und sortentypische Weine zu produzieren, erklärte er auch seine distanzierte Haltung zu PIWI-Rebensorten.
Ein Höhepunkt der Reise war der anschließende Besuch des Klosters Lorsch, seit 1991 UNESCO-Welterbe. Die beiden Führer vermittelten überaus kompetent und sehr anschaulich ein Bild von der Geschichte des Klosters und seinen umfangreichen baulichen Anlagen. Hoch interessant und beeindruckend war der Teil der Ausstellung mit den kürzlich bei einer Ausgrabung geborgenen Fragmenten eines Atzmannes. Von einem Atzmann hatten wir alle (wirklich alle!) vorher nie etwas gehört. Umso überraschter waren wir zu erfahren, dass sich im Naumburger Dom der älteste bekannte und zudem sehr gut erhaltene Atzmann befindet. Wir nahmen dies fast ungläubig zur Kenntnis, da doch keiner von uns bisher, z. B. auch im Zusammenhang mit der UNESCO-Welterbe-Bewerbung, irgendetwas davon wahrgenommen hat. Übrigens: Der Verfasser dieses Reiseberichts hat auf der Website des Naumburger Doms (https://www.naumburger-dom.de/) selbst mit detaillierter Suche keinerlei Hinweis auf den Atzmann aufspüren können.
Der letzte Programmpunkt des Tages führte uns erneut zur Bergsträsser Winzer eG ins Viniversum in Heppenheim. Dort erwartete uns das Abendessen und eine Weinprobe mit acht Weinen. Nach einem Begrüßungssekt bekamen wir zunächst eine Kellerführung mit interessanten Informationen zur Standorthistorie, welcher seit 2014 seine Besucher als "Weinerlebniswelt" VINIVERSUM Bergstraße® empfängt. Die anschließende Weinprobe gab uns einen interessanten Ein- und Überblick über die Weine der Bergsträsser Winzer.
Vierter Tag:
Nunmehr stand die Heimfahrt an - aber nicht ohne spannendes Programm. Erster Halt: die Mathildenhöhe in Darmstadt, UNESCO-Welterbe seit 2021. Die sehr engagierten und überaus kompetenten Führungen vermittelten uns ein informatives, buntes und kurzweiliges Bild über den „Aufbruch in die Moderne“ – so das Motto der UNESCO-Bewerbung. Es war eine sehr bereichernde Erfahrung!
Letzter Halt im Weinbaugebiet Hessische Bergstraße war das Weingut Edling in Roßdorf – irgendwo zwischen Heppenheim und Groß-Umstadt. Das ist keinesfalls despektierlich gemeint, sondern eine Besonderheit: der Weinbaubetrieb ist der einzige am Ort und das mit einer einzigen Weinlage, dem Roßberg. Wir waren gespannt und wurden nicht enttäuscht, sondern eher überrascht. Es erwartete uns ein bodenständiges wie schmackhaftes Mittagessen sowie eine Weinprobe mit acht Weinen, durch die uns Lisa Edling zugewandt und fokussiert zugleich führte. Wir waren durchaus beeindruckt, wie dieser Familienbetrieb mit 17 (!) Rebsorten auf sechs Hektar bemerkenswerte Weine in die Flasche bringt. In Anbetracht der Tatsache, dass die Edlings nach eigenem Bekunden ihre Kompetenz beim Rotwein sehen (immerhin zwei Drittel der Rebfläche), waren die Weißweine von beachtlicher Qualität. Erst recht überrascht dann nicht, dass der verkostete Rotwein der wohl beste der gesamten Reise war – sei es als Spätburgunder oder als trockene Cuvée Magma B. Auch in der Breite der verkosteten Weine erwies sich das Weingut Edling als ein Höhepunkt unserer Weinreise. Als Beleg dafür darf auch die Tatsache gelten, dass ein mit Weinkartons gut gefüllter Transporter unsere Einkäufe zum Bus brachte und damit einen ansehnlichen Teil des Stauraums in Anspruch nahm.
Bester Stimmung ging es auf die Heimreise, die – wie schon die Hinfahrt – auf halber Strecke von einem Picknick unterbrochen wurde. Trotz der suboptimalen Lagerbedingungen waren die Vorräte immer noch schmackhaft und erhielten reichlich Zuspruch. Lebensmittelverschwendung? Nicht mit uns!
Schlussbemerkungen des Verfassers dieses Reiseberichts:
Erstens:
Fazit nach vier Tagen und gezählten sechsundsechzig (wirklich!) verkosteten Seccos, Sekten und Weinen: Es hat sich in jeder Hinsicht gelohnt und es war eine wunderbare Erfahrung. Das sprichwörtliche Kaiserwetter tat sein Übriges dazu.
Zweitens:
Etliche haben zum Gelingen dieser Reise beigetragen. Ohne jemandem durch Nichterwähnung Unrecht tun zu wollen, muss aber ein namentlicher Dank ausgesprochen werden. Dieser gilt unserem Weinbruder Dirk Schmutzler, der ein wunderbares Programm zusammengestellt und mit einem unglaublichen Aufwand organisiert hat. Respekt und Verneigung!
Drittens:
Es war meine erste Weinreise mit der Weinbruderschaft Saale-Unstrut, aber definitiv nicht meine letzte!
IN VINO UNITAS!
Prof.Dr. Falko Holz